Gut zu wissen...

Gerbung von Leder

Gerben ist die chemische Verbindung von Hauteiweiß mit einem Gerbstoff. Es gibt drei Kategorien von Gerbstoffen: vegetabile, mineralische und synthetische.

Vegetabile oder pflanzliche Gerbstoffe

Viele Hölzer, Rinden und Früchte enthalten Gerbstoffe, die extrahiert und separiert werden und so für die Gerbung von Hauteiweiß genutzt werden können. Der Gerbstoff im Wein ist allen bekannt und beeinflusst dessen Qualitätnachhaltig. In unseren Regionen sind vor allem Eiche und Kastanie bekannte Gerbstofflieferanten. Ebenso gehören aus entfernteren Ländern Mimosa und Quebracho dazu, sowie das Extrakt der Tara-Frucht. Die vegetabilen Gerbstoffe sind die ältesten Gerbstoffe, die wir kennen und ergeben aufgrund ihrer chemischen Struktur volle, feste und kompakte Leder.

 
Mineralische Gerbstoffe

Metallsalze, die Eisen, Titan, Aluminium, Zirkonium und Chrom enthalten, haben ebenso eine gute gerbende Wirkung, d.h. sie können mit Eiweißen sehr gute Verbindungen aufbauen. Von den mineralischen Gerbstoffen hat ausschließlich das dreiwertige Chrom große Bedeutung. Seit mehr als 100 Jahren wird Chromsulfat als Gerbstoff verwendet und wird heute weltweit bei nahezu 90% aller Leder eingesetzt. Chromgegerbte Leder sind aufgrund der besonders komplizierten Vernetzung mit dem Hauteiweiß widerstandsfähigere und weichere Leder als mit anderen Gerbverfahren produzierte Leder. Es ist sehr wesentlich, daß man unterscheidet zwischen dem dreiwertigen Chrom, das für die Gerbung eingesetzt wird und dem sechswertigen Chrom, das sehr giftig ist, aber für die Gerbung heute keine Bedeutung mehr hat. Am Anfang der Chromgerbung wurde ind er sogenannten Zweibadchromgerbung sechswertiges Chrom eingesetzt. Die neuen Chromgerbverfahren arbeiten nur noch mit dem dreiwertigen. Generell ist das dreiwertige Chrom ein essentielles Spurenelement in unserem Körper. Es kommt als Spurenelement in Konzentratinen von 30-100 ppm (mg/kg) in unseren Böden, Gesteinen und Gemüsen vor. Eine Rindshaut von etwa 5,5 m² Fläche enthält ca. 80 g dreiwertiges Chrom. Obwohl es als Schwermetall mit viel Mißtrauen behandelt wird, gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Beleg für einen tatsächlich negativen Einfluß der Chromgerbung auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit, und dies nach 100 Jahren erfolgreicher Anwendung der Chromgerbung.

 
Synthetische Gerbung

In diese Kategorie gehören Gerbstoffe, die durch Synthese hergestellt werden, also nicht in der Umwelt bereits vorhanden sind. Besonders gerbende Wirkung haben Formaldehyd, Glutaraldehyd, Phenole, Harnstoff-Derivate und Acrylate. Die synthetischen Gerbstoffe werden in der Regel nicht als Alleingerbstoff eingesetzt, sondern geben in Kombination mit vegetabilen oder Chromgerbstoffen sehr interessante Resultate. Man spricht dann von einer kombinierten Gerbung. Früher war es z.B. nicht möglich, mit einem vegetabilen Gerbstoff allein weiche Leder herzustellen. Heute kann dies über ein synthetisches Vorgerbverfahren problemlos erreicht werden.

 
Ökologie in der Lederherstellung

Obwohl die Lederindustrie eines der ältesten Gewerbe ist und Leder wahrscheinlich als das erste Beispiel von Abfallverwertung (Verwertung der tierischen Haut) betrachtet werden kann, kommen Gerbereien immer wieder in Verruf, die Umwelt zu belasten. In Europa, namentlich in Deutschland und in der Schweiz, haben wir gesamthaft betrachtet die tiefsten Grenzwerte für Emissionen in die Umwelt. Die übrigen Länder weisen wohl ähnliche strenge Gesetze auf, sind aber im Vollzug nicht gleich konsequent. Diese Grenzwerte umweltbelastender Emissionen wurden aber nicht aufgrund der Lederindustrie eingeführt, sondern sind allgemein für die Industrie bestimmte Grenzwerte. Man darf also davon ausgehen, daß eine Gerberei, die diese Grenzwerte einhält, die ökologischen Anforderungen ebenso erfüllt wie die Maschinen-, Papier-, Textilindustrie u.a.m.. Dabei spielt keine Rolle, welche Gerbverfahren angewendet werden. Zusätzlich gibt es nun aber auch Grenzwerte für chemische Substanzen innerhalb der Produkte oder sogar chemische Substanzen, die im Leder nicht enthalten sein dürfen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die folgenden Produkte:

1. PCP (Pentachlorphenol), ein Konservierungsm1ittel, das vor allem in tropischen Ländern angewendet wird, in Europa aber schon seit mehr als 10 Jahren von der chemischen Industrie nicht mehr verwendet wird

2. einzelne Azofarbstoffe, die eines der 20 Amine enthalten, die auf der deutschen Bedarfsgegenständeverordnung aufgelistet sind. Es sind also nicht generell alle Azofarbstoffe verboten, sondern nur einzelne. Im übrigen werden Azofarbstoffe in viel größeren Mengen in der Textil- und der Nahrungsmittelindustrie angewendet als im Leder.

3. Formaldehyd (nicht zu verwechseln mit Glutaraldehyd), der als Hilfsgerbstoff eingesetzt werden kann. Ebenso dient Formaldehyd als Vernetzer von caseinhaltigen Zurichtungen.

4. sechswertiges Chrom (nicht zu verwechseln mit dreiwertigem Chrom), das unter extremen Bedingungen aus dem gerbenden Chrom III entstehen kann. Es obliegt der Verantwortung jeder Gerberei, Erklärungen abzugeben, ob diese Produkte in ihren Ledern enthalten sind oder nicht. Wir können bestätigen, daß diese Produkte in unseren Ledern nicht enthalten sind. Leider wird heute sehr oft Ökologie und Umweltverträglichkeit als Marketinginstrument mißbraucht. Es werden Ausdrücke erfunden, die jeglicher fachlicher und wissenschaftlicher Bedeutung entbehren. So werden auch im Verkauf von Leder die Begriffe „Ökoleder“ und „Bioleder“ genannt, obwohl überhaupt keine Definition hierfür besteht. Ebenso haben sich weder der Internationale Gerberverband noch die Union der Internationalen Gerbereichemikerverbände dazu geäußert. Als Gerber müssen wir uns von diesen Begriffen distanzieren, denn allein der Umstand, daß Leder, das z.B. keinen Chromgerbstoff enthält, umweltverträglicher ist, entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Seriosität und wurde noch nie umfassend abgeklärt.

 
Fragen zur Ökologie in der Lederherstellung
Vor- bzw. Nachteile der chromfreien Gerbung.

Das Gerbverfahren mit einem synthetischen Vorgerbstoff und einem vegetabilen Hauptgerbstoff dauert doppelt so lange wie bei der Chromgerbung Ebenso wird die vierfache Menge an Gerbstoff benötigt. Deshalb sind die Leder *wecano VEGETAL etwas teurer als die chromgegerbten *wecano Classic. Als Vorteil erkennen wir, daß die Restflotten der Gerbung nicht die Chromrückgewinnungsanlage der Abwasserreinigung durchlaufen müssen. In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde aufgezeigt, daß chromfreie Lederabfälle in Kompostieranlagen abgebaut werden können. Wir müssen heute aber feststellen, daß die Betreiber von Kompostieranlagen noch nicht in der Lage sind, solche Abfälle zu kompostieren. Kompostieranlagen arbeiten fast ausschließlich mit pflanzlichen Abfällen.

 
Chromhaltige Abfälle aus der Chromgerbung

Chromhaltige Schlämme Der am Ende der Gerbung in der Flotte verbliebene restliche Chromgerbstoff wird separiert und filtriert. Das dabei entstehende Chromhydroxyd kann wieder zu einem Gerbstoff aufgearbeitet und wieder verwendet werden. Um die für das Abwasser vorgeschriebenen Grenzwerte von 2 mg Chrom pro Liter einzuhalten, muß in manchen Gerbereien nochmals eine Chromseparierung nachgeschaltet werden. Der dabei erhaltene Schlamm, der auch wesentliche organische Bestandteile sowie andere Salze enthält, wird entwässert und gelangt auf eine Deponie. Der im Schlamm enthaltene Chrom verharrt im dreiwertigen Stadium und ist somit nicht giftig.

 
Falzspäne

Die gegerbten Leder werden auf der Falzmaschine, einer Art Hobelmaschine, in der Dicke egalisiert. Dabei entsteht der Falzspan. Wie beim Holz wird aus den Falzspänen eine Faserplatte hergestellt. Die Falzspäne werden also wieder verwendet. In anderen Verfahren werden Falzspäne aufgelöst. Das entstehende Eiweiß-Hydrolysat kann vom Chrom getrennt und z.B. in der Fotochemie als Gelatine verwendet werden. Das Chrom kann wieder aufgearbeitet und als Gerbstoff verwendet werden.

 
Lederabfälle

Alle Lederabfälle gelangen über den Hausmüll in die Kehrrichtverbrennung. Das im Leder enthaltene Chrom verbleibt nach der Verbrennung in der Schlacke und gelangt ebenfalls auf eine Deponie. Auch in diesem Fall besteht keinerlei Gefahr, daß sechswertiges Chrom die Umwelt belastet. Umweltbestimmungen in der Schweiz und Deutschland Es gibt mit Sicherheit Unterschiede, aber keine generellen oder sehr relevanten. Allgemein ist die deutsche Umweltgesetzgebung vor allem komplizierter und detaillierter. Die Schweiz hat vor allem im Abwasserbereich sehr früh Grenzwerte erlassen und deshalb für die Durchsetzung mehr Zeit gehabt, was sinnvoller ist. 3 Beim Abfall besteht ein sehr wesentlicher Unterschied zu Deutschland darin, daß die Schweiz aufgrund der Größe des Landes sehr wenig Abfalldeponien hat, dafür umso mehr Kehrrichtverbrennungen. Der Abfall wird deshalb in der Schweiz hauptsächlich verbrannt.

 
„Ökoleder“ – gibt es einen Markt?

Wir beurteilen den Begriff Ökoleder als völlig unzulänglich und falsch. Deshalb glauben wir auch nicht an einen ernstzunehmenden Markt auf dieser Basis. Wir sehen gewisse qualitative Vorteile der vegetabilen Leder, die allerdings auch ihren Preis haben. Es gibt einen beschränkten Markt für diese Qualitäten. Die Idee der Verbreitung von vegetabilen Ledern als Ersatz für Chromleder wird nie einen weltweiten Durchbruch haben, da es nicht möglich sein wird, weltweit genügend vegetabile Gerbstoffe zu gewinnen. Wir tragen täglich Leder an unserem Körper oder kommen mit Leder in Berührung: Schuhe, Bekleidung, Uhrbänder, Handtaschen, Mappen, Sitzbezüge. 90% der weltweit produzierten Leder sind mit Chrom gegerbt. Bis heute sind keinerlei Krankheiten aufgetreten, die auf eine Gefahr für den Menschen durch Chromgerbstoffe hindeuten. Bekannt sind heute gewisse Hautallergien, die mit Chrom in Zusammenhang stehen. So können z.B. bei gewissen Lederuhrarmbändern bei warmem Wetter, also zusammen mit Schweißentwicklung, Hautreizungen auftreten. Es besteht aber kein Anlaß, die praktische, einfache und preisgünstige Chrom-Gerbmethode zu verwerfen, wenn eine andere Gerbmethode nicht eindeutig besser oder billiger sein kann. Heute wird von namhaften Großfirmen Ökomanagement als Bestandteil des Marketings angewandt.. Im Lederbereich wurde zum Beispiel von einem großen deutschen Automobilhersteller das chromfreie Leder in den Autos vorgeschrieben, um damit einen Beitrag an den Umweltschutz zu leisten. Es ist aber hinlänglich bekannt, daß Autofahren an sich schon die Umwelt weitaus mehr belastet. Man wird deshalb den Verdacht nicht los, daß es sich bei chromfreien Ledern in Autos um eine Alibiübung auf dem Buckel der Umwelt handelt. Gerbereien sind heute wie andere Industriezweige einem permanenten Wandel an neue Marktbedürfnisse und Umweltanforderungen ausgesetzt. Wir müssen aber heute klar festhalten, daß der Beweis, daß chromfreie Leder ökologisch sinnvoller sind, noch nicht erbracht wurde, weder von Anbietern bisheriger chromfreier Leder noch von Leder-Instituten. Dazu bedarf es einer umfassenden Betrachtung, die auch die Herstellung der vegetabilen Gerbstoffe miteinbezieht. Wir haben in Europa die schärfsten Umweltschutzgesetze. Wenn wir diese einhalten, sind wir an sich schon weltweit ökologisch betrachtet auf dem höchsten Niveau. Ökologisch bewußt einkaufen heißt deshalb eigentlich, europäische Produkte einkaufen.

Quelle: 2006 - Kenner seines Faches CH-Max Gimmel .